Liebe auf den ersten Blick
Ich glaube, ich war gerade in die erste Klasse gekommen, als ich das erste Mal einen Gameboy in meinen eigenen Händen halten durfte. Mein Schulfreund Oliver hatte sich in den Ferien sein Bein gebrochen und durfte, da er nicht mit den anderen herumtoben konnte, seinen Gameboy mit in den Hort bringen. So saßen wir dann in einer Traube von 8 Jungs um Oliver und Darkwing Duck gebeugt, bereit dazu, jeden einzelnen Pixeln in uns aufzusaugen. Ich war vollkommen Baff, Oliver konnte einfach hier mitten im Hort am Esstisch sitzen und zocken. Ich war so hin und weg von diesem kleinen Gerät und seinen Möglichkeiten. Oliver hatte sogar drei Spiele dabei, einfach so, in kleinen durchsichtigen Hüllen in einer kleinen Tasche lagen, zusätzlich zu Darkwing Duck, noch Tetris und Super Mario Land bereit und warteten auf ihren Einsatz.
Ach wie sehr wünschte ich es mir auch mal eine runde an den Gameboy zu dürfen, verflucht sei Olivers Mutter, die im verboten hat jemand anderen mit seinem Game Boy spielen zu lassen. Gelobt sei Oliver, der als wahrer Freund natürlich für mich eine Ausnahme machte. Da stand ich also nun mit Darkwing Duck auf einem Hausdach, ich weiß nicht mehr viel außer das ich kaum 20 Meter in dem Game vorankam, bis ich alle meine drei Leben aufgebraucht hatte. Als ich den Gameboy nach meinem kläglichen Scheitern wieder abgeben musste, stand für mich fest, dass ich solch ein Gerät unbedingt haben muss.
Es folgten drei lange Jahre, in denen ich unzählige Male auf meine Mutter einredete und versuchte sie davon zu überzeugen, wie sehr ich dieses kleine Wundermaschinchen doch benötige. Auch die allgemein bekannten viereckigen Augen räumte ich wortgewandt aus der Welt, um mein Ziel zu erreichen. An jedem Geburtstag und Weihnachtstag hoffte ich darauf einen Gameboy eingewickelt in buntem Geschenkpapier vorzufinden. Wir hatten mittlerweile ein Super Gameboy im Haus, was meinen Wunsch nach einem Handheld nur noch mehr bestärkte. Inzwischen konnte ich auch das Super Game Boy Magazin, welches selbigen in der Schachtel beiwohnte und über viele verschiedene Gameboy-Spiele informierte, schon auswendig.
Happy Birthday
Gerade als ich schon fast die Hoffnung auf einen eigenen Gameboy aufgegeben hatte, lag er an meinem zehnten Geburtstag da, einfach so, auf meinem Nachttisch. Ich war so überglücklich, ich rannte zu meiner noch schlafenden Mutter und bedankte mich regelrecht euphorisch. Ich war nun endlich Besitzer eines Nintendo Game Boys, genauer gesagt eines gelben Gameboys in einem Plexiglas Schutzgehäuse.
Neben dem Game Boy bekam ich zusätzlich noch die zwei Spielmodule, „Wario Blast“ und „Casino: Fun Park“. Also machte ich mich sofort daran, Bomberman so richtig eins auszuwischen und meine Karriere als Pokerstar zu starten. Nach unzähligen Partien Poker, Roulette und Würfelspielen konnte ich meinen elf Jahre älteren Bruder davon überzeugen, Casino gegen Tetris einzutauschen und kam so in den Besitz des russischen Puzzle-Klassikers schlechthin. Fortan hing ich wie verwachsen an meinem kleinen Bildschirm und nutzte jede Gelegenheit, um zu spielen, und wenn ich sage jede Gelegenheit, meinte ich wirklich jede Gelegenheit. Ich spielte in der Schule, im Hort, in der Straßenbahn, bei meiner Oma, im Bett, auf der Toilette und Gott weiß nicht, wo überall ich meinen kleinen gelben Freund dabei hatte. Der Gameboy war zwar nicht meine erste Spielekonsole, aber meine erste eigene, ich musste ihn nicht mit meiner Mutter oder meinem Bruder teilen und hatte vollkommen uneingeschränkten Zugang zu meinen Games, und das ganz exklusiv nur für mich.
Eine Überlegung, ein Game und eine Entscheidung
Als ich einige Zeit später ein wenig Geld zusammengespart hatte, ging ich in einen kleinen lokalen Laden für Videospiele, dort sah ich ein ganz besonderes Spiel in einer Vitrine stehen. Ich hatte schon viel über dieses Spiel in Magazinen gelesen und wollte es die ganze Zeit über selbst spielen, nun war es zum Greifen nah. Anfangs war ich etwas abgeschreckt von dem für mich mit 25 Mark sehr hohem Preis und zudem war dies alles Geld, welches ich mühselig zusammengespart hatte. War es das Wert? Würde ich das Spiel überhaupt mögen? Möchte ich nicht lieber zwei andere Spiele zu diesem Preis mitnehmen? „Fortress of Fear“ und „Doktor Mario“ würden mich schließlich zusammen genau die gleiche Summe kosten. Ich war mir so unsicher, ob ich nicht einen riesigen Fehler mache, den ich zu Hause bereuen werde, dass ich über eine Stunde in diesen kleinen Vitrinenschrank starrte.
Der Verkäufer aus dem Laden, wurde auch schon stutzig, was ich so lange dort mache und fragte schließlich, ob ich Hilfe brauche. Als ich ihm meine missliche Lage erklärte, bestärkte er mich darin, die 25 Mark in dieses Spiel zu investieren und beteuerte, dass ich mit dem teureren Spiel nichts falsch machen kann. Schlussendlich ging ich das Risiko ein, und nahm das Spiel mit nach Hause.
Dort angekommen hatte ich ja keine Ahnung, was ich da gerade gemacht hatte, wie hätte ich auch nur im Entferntesten ahnen können, dass ich gerade das für mich beste Game Boy Spiel aller Zeiten gekauft hatte? Seitdem habe ich „The Legend of Zelda Link’s Awakening“ bereits unzählige Male durchgespielt und war jedes Mal wieder aufs neue fasziniert von diesem großartigen und gewaltigen Abenteuer.
Der Einfluss des Gameboy auf mich persönlich
Selbstredend sollte Zelda nicht das letzte Spiel in meinem Modulschacht bleiben. Neben Klassikern wie Pokémon, Kwirk, R-Type, Super Mario Land 1 bis 3, Ghostbusters 2, Gargoyles oder Castlevania gab es allerlei weniger bekannte Videospiel-Perlen, die in meinen kleinen Freund Einzug fanden. So hatte ich beispielsweise auch große Freude an Spielen wie Batman, Othello oder Rescue of Princess Blobette, wobei ich bei letzterem, mangels Englischkenntnissen, keine Ahnung hatte, was überhaupt abging.
Ich spielte so viel mit meinem kleinen gelben Freund, dass für mich das Super Nintendo und Nintendo Entertainment System vollkommen in den Hintergrund rückten. Denn erstens hatte ich keinen eigenen Fernseher und war so an das Gerät im Wohnzimmer gebunden und zweitens war dieses laufend durch den Rest meiner Familie blockiert. Als ich dann ein eigenes Super Nintendo in meinem Zimmer hatte, habe ich zumeist mit dem Super Game Boy meine Spiele darauf gespielt. Meine Liebe zum Game Boy wurde jedoch niemals gebrochen, so kam es, dass dieses Handheld nicht das letzte in meinem Leben bleiben sollte. Bis heute habe ich alle Handheld Generationen von Nintendo mitgemacht und wurde bis zur Nintendo Switch nie enttäuscht. Wenn ihr euch jetzt fragt, was genau ich an der Switch so zu bemängeln habe, dann würde meine Antwort diesen Artikel sprengen, lasst mich gerne wissen, wenn ich hierzu einen Artikel aufsetzen soll. Jedenfalls haben Handhelds auf mich seitdem eine ungebrochene magische Anziehungskraft
Was wurde aus meinem gelben Kumpel?
Wie es damals als Kind ohne große finanzielle Möglichkeiten so war, verkaufte ich gelegentlich meine Spiele und auch Konsolen, um so an die nötigen liquiden Mittel, für andere reizvolle Games und Konsolen zu kommen. Natürlich bedaure ich diesen Umstand heute ein wenig, muss aber auch eingestehen, dass ich viele tolle Videogames niemals gespielt hätte, wenn ich immer an den Konsolen und Games, die ich besaß, so sehr festgehalten hätte. Ich habe also mehr die Erinnerungen und Häkchen auf meiner Liste mit Spielen, die ich bereits erleben durfte, gesammelt, als deren physische Erscheinung. Als Sammler weiß ich heute, dass ich nicht alleine bin mit diesem Hintergrund und freue mich immer mal wieder, wenn ich ein besonderes Game aus meiner Kindheit wieder in die Sammlung aufnehmen darf.
Zum Schluss noch eine letzte Anekdote
Die Legende besagt, dass ich in jungen Jahren oft auf dem stillen Örtchen meine besondere Ruhe fand und meinen Gameboy zum Zeitvertreib während der geschäftigen Aktivitäten des Öfteren dabei hatte. So begab es sich eines Tages, dass ich in sozusagen einer einzigen Sitzung „The Legend Of Zelda“ für den Gameboy von Anfang bis zum Ende durchgespielt habe. Da ich noch nie ein zügiger Zocker war, erinnere ich mich nur noch an die eingeschlafenen Beine und Gesäßschmerzen, die ich durch die Abdrücke, der Klobrille nach den wohl 2 bis 4 Stunden Hyrule bekam. In diesem Sinne, ich hoffe, ich habe euch mit dem letzten Abschnitt nicht zu sehr verstört und bedanke mich für eure Aufmerksamkeit.