Einige werden die Geschichte von Senua kennen. Sofern nicht, wäre es vielleicht Zeit, dies zu ändern. Ich kann euch, die zwei Teile, die bis jetzt erschienen sind, definitiv ans Herz legen. Trotzdem könnte man sagen, dass ich auch eine kleine Warnung aussprechen muss, bevor man mit dem Spiel startet. Dies hat einen ganz einfachen Grund. Es geht hier in erster Linie um ein Spiel, welches das Thema geistige Gesundheit vor Augen führt.
Die Geschichte von Senua führt uns in das keltische Reich bzw. nordische Reich und deren Mythologie. Senuas Geschichte wird in einer etwas anderen Art dargestellt, wie man es sonst von Action-Games kennt. Möchte hier nicht unbedingt groß auf die Geschichte eingehen, damit ihr euch selbst ein Bild machen könnt. Eher möchte ich euch hier einmal erzählen, wie ich das Ganze wahrgenommen habe. Ich habe zwar vor dem Start des ersten Teils vieles auf YouTube gesehen, doch so richtig vorbereitet hat es mich leider nicht.
Wir erleben die Geschichte von Senua mit all ihren Psychosen. Grafisch stellen beide Teile alles sehr detailgetreu und schon fast lebensecht dar. Was ich bisher nicht genau wusste, das der schizophrene Teil vom Erlebnis sein wird, der mich wirklich auslaugt. Die anderen Stimmen sind fast ohne Pause am Reden. Von Zuspruch bis Ablehnung, passend der Situation, hören wir mehrere Stimmen sich ständig unterhalten. Dabei wird Senua sogar gelobt oder niedergemacht. Oft ändert sich plötzlich die Umgebung oder etwas passiert, was man als Halluzination interpretieren könnte. Beim Lösen der Rätsel wird dann meistens auch die Unterhaltung der Stimmen etwas intensiver und schroffer. Was mir dann besonders aufgefallen ist, das die Stimmen sogar Senua sagen, dass es besser wäre aufzugeben. Etwas, was ich so nicht erwartet hätte bei einem Spiel.
Ich hatte beim Spielen im Stream wirklich Probleme, mich länger als 2 Stunden, auf das Spiel zu konzentrieren. Sowohl die Darstellung als auch das Hämmern der wirklich guten Musik mit dem ständigen Disput der einzelnen Stimmen waren wirklich kräftezehrend. Dies hat man mir wohl angesehen. Trotzdem wollte ich immer weiter spielen, um zu sehen, wie es weitergeht. Nach einer Pause war ich meistens dann auch wieder in der Lage dazu. Nach knapp 20 Minuten im Spiel fühlte ich mich wieder ausgezehrt, da die Welt und der seelische Zustand einen wirklich mitnehmen konnten.
Was Ninja Theorie wirklich gut gemacht hat, ist die Darstellung und der Umgang mit dem ernsten Thema. Es wird sich zu keiner Zeit über die seelischen Probleme von Senua lustig gemacht. Ich weiß nicht, wie ich es euch am verständlichsten erklären kann. Alles, was ihr passiert, was sie gerade fühlt, erleben wir mit. Die anderen Stimmen wie auch ihre Emotionen und Gespräche werden würdevoll gezeigt. Der Sprecher, der manchmal im Hintergrund euch die Situation des Abschnitts erklärt, zeigt uns auf, was gerade passiert. Warum passiert das? Was macht das mit Senua? Es wird zum einen schonungslos gezeigt, was solche Krankheiten mit der Person anstellen können, ohne diese ins Lächerliche zu ziehen.
Man muss hier auch unbedingt dem Erzähler bzw. der bösen inneren Stimme lauschen. Diese erzählen euch auch, dass es Wege gibt aus dieser Situation. Die Auswege sind auch alle plausibel und nachvollziehbar und wenn man nicht genauer darüber nachdenkt, auch richtig. Erst, wenn man das Ganze sieht, merkt man, dass der Verlauf doch nicht ganz so glücklich enden kann. Ich hatte hier das Gefühl, einmal aus dem Tief herauskommen zu können und beim anderen sich einfach komplett zu ergeben. So traurig es auch ist, so fand ich beide Wege als legitim. Ich konnte nicht wirklich sagen, der eine Weg ist der Falsche.
Wer gute Nerven hat, sollte versuchen zu spielen
Es ist verdammt schwer, dieses Spiel in Worte zu fassen. Mit dem Hintergrund, dass ein ernstes Thema behandelt wird, ist es schon eine Nummer für sich. Grafisch absolut super. Die Erzählweise ist ebenso gelungen. Die Kämpfe sind einfach fantastisch in Szene gesetzt. Wer aber glaubt, hier ein Bock schweres Spiel zu spielen, liegt falsch. Die Rätsel sind manchmal etwas verwirrend, und die Kämpfe dienen hier wirklich nur einmal als Geschichtenelement. Es ist eigentlich kaum möglich, im Kampf zu fallen. Auch wenn dies passieren sollte, so könnt ihr mehr oder weniger direkt im Kampf wieder einsteigen. Senua ist und bleibt der Mittelpunkt des Spiels rund um ihren inneren Kampf.
Es ist einfach nur extrem beklemmend, wenn es plötzlich dunkel wird. Die innere böse Stimme meldet sich und du siehst die Verzweiflung im Gesicht von Senua. Hier bist du wirklich im inneren Kampf mit sich selbst dabei. Realität und Fantasie verschwimmen oft so stark, dass du dich fragst, was ich denn jetzt echt?
Es gibt gelegentlich ein paar Momente, da verschwinden die Stimmen. Sobald du es merkst, ist es auch wieder vorbei. Selbst für mich, der einfach nur spielen will, habe ich schon angefangen, die Stimmen durchgängig zu hören. Klingt komisch, ist aber so. Das du wirklich nachfühlen kannst, wie es Senua geht, spricht für sich.
Eine kleine Bitte in diesem Zusammenhang
Wenn es um das Thema geistige Gesundheit geht, gibt es heutzutage noch viele Tabus in der Gesellschaft bzw. ein Unverständnis dafür, was dies für die Betroffenen bedeutet.
Solltet ihr merken, dass ihr Probleme habt, so zögert nicht, euch Hilfe zu holen. Manchmal merkt man es nicht oder vielleicht zu spät. Es ist keine Schande, Hilfe anzunehmen. Dies zeigt nur die eigene Stärke, sich einzugestehen, das man etwas Unterstützung benötigt. Kein Mensch kann alles im Leben bewältigen. Manchmal muss man auch über seinen Schatten springen und sich Hilfe holen zu können. Auch wenn es schwerfällt.
Solltet ihr jemanden haben, der Probleme in diesem Zusammenhang hat, stempelt diese Person nicht ab. Jeder hat sein Päckchen zu tragen und jeder ist unterschiedlich. Hier spielen das Umfeld und die eigenen Erfahrungen eine große Rolle. Es kann jeden treffen. Auch du könntest vielleicht in Lebensumstände kommen, die du nicht bewältigen kannst. Urteilt deshalb nicht zu vorschnell über die betroffene Person, sondern seid nachsichtig. Sofern möglich, zeigt der Person, dass sie auf euch zählen kann, wenn sie Hilfe benötigt und auch annehmen möchte.
Warum gibt es hier kein Fazit?
Das ist ganz einfach erklärt. Senuas Geschichte ist nicht etwas, was man beurteilen kann. Für mich stellen die zwei Teile eine Serie dar, die ihresgleichen sucht. Auf diese kann man sich einlassen oder auch nicht. Durch das zugrunde liegende Thema sind die Spiele auch nicht für jeden gedacht oder besser gesagt gemacht. Kann verstehen, wenn sich Leute gegen das Spiel entscheiden. Was man im Alltag gerne übersieht oder ignoriert, wird hier schonungslos gezeigt. Das aber in einem positiven Zusammenhang. Jeder Mensch ist hier anders gepolt und deshalb werde ich hier keine Empfehlung aussprechen oder es wagen, eine Beurteilung für das Spiel niederzuschreiben.
Senuas Geschichte ist es wert, gespielt zu werden und sich ein paar Gedanken darüber zu machen. Wer glaubt dies aus bestimmten Gründen nicht zu schaffen, so ist das auch in Ordnung. Entscheidet hier selbst.
Sagt mir gerne in den Kommentaren, was ihr vom Spiel haltet und wie ihr Senuas Geschichte aufgenommen habt. Freue mich über jede Rückmeldung.
Wie immer danke ich euch für eure Zeit und ich bin froh, euch weiterhin nerven zu dürfen.
@nerdjunkblog sehr cooler Beitrag. Ich finde es auch toll, dass du dir die Bewertung sparst. Mal schauen, wann ich mir das Spiel antue. Irgendwie wollte ich es immer spielen, habe es dann aber doch nicht getan.
Ich habe den ersten Teil seinerzeit rage-deleted, weil es mir viel zu schwer war, selbst auf der einfachsten Stufe, es hat mich maßlos genervt. Auch ins Spielgeschehen kam ich nicht richtig rein, vielleicht deswegen. Am Ende war ich total wütend.
Aber!
Das sind völlig persönliche Gründe, die auf andere Menschen nicht zutreffen müssen. Es ist absolut großartig, dass das Thema psychische Gesundheit von einem Spiel in dieser Machart und in diesem Umfang angegangen wird. Darum bin ich ein Fan und würde es immer weiter empfehlen, selbst wenn ich davon die Finger lasse.
Das höre ich, um ehrlich zu sein, das erste Mal, dass es zu schwer ist. Meine Kollegen haben sich mit dem Thema schwierig getan. Genau, weil es nicht jedermanns Nerv trifft, hat das Spiel mehr Aufmerksamkeit verdient. Aber so macht jeder seine Erfahrungen. 🙂