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Wie „Girls‘ Last Tour“ unsere Herzen berührt hat

Der heutige Beitrag ist mir persönlich sehr wichtig. Am liebsten hätte ich direkt noch an dem Abend über den Manga geschrieben, doch brauchte ich erstmal ein paar Nächte um meine Gedanken zu sortieren und über meine Traurigkeit hinwegzukommen. Ich lese wirklich gerne mal Geschichten, die eher traurige Themen haben. Dabei muss es nicht mal um extra schlimme Dramen gehen, wo jeder Charakter so richtig hart traumatisiert wird. Mir reicht meistens die subtile Trauer, die mit Schicksalen und Charakteren mitschwingt.

Heute geht es um „Girls‘ Last Tour“ von „Tsukumizu“. Diese kleine, 6-Bände lange Reihe hatte ich schon lange im Hinterkopf, war aber immer etwas zögerlich beim kaufen. Sie ist bisher nur in Englisch erschienen, wird aber dieses Jahr noch auf Deutsch beim Verlag „Manga Cult“ erscheinen. Da die Veröffentlichung aber noch ein paar Monate entfernt ist und ich dringend eine neue Reihe suchte, die ich schnell verschlingen konnte, mussten die englischen Bände her. Nach dem ewigen warten hatte ich plötzlich einen Impuls und wollte unbedingt in diese Cover eintauchen, die mich schon seit Jahren angefuchst haben. Doch worum geht es eigentlich bei Girl’s Last Tour?

Dieser Beitrag beinhaltet kleine Spoiler für einzelne Kapitel im Manga. Ich werde keine Aspekte der großen Story vorwegnehmen

Alleine, aber immer zusammen

Yuuri und Chito, ihr Kettenrad und ein paar kleine Gegenstände und Proviant, die sie für ihre Reise brauchen. Viel mehr haben die beiden Hauptcharaktere nicht. Die beiden sind auf dem Weg zur höchsten Ebene einer endlos erscheinenen Stadt, die von Menschen und Robotern gebaut wurde. Die beiden sind die meiste Zeit komplett alleine in dieser riesigen Welt, der Manga erzählt pro Kapitel immer eine kleine Geschichte von ihren Reisen. Diese verlassene Welt wird nur sehr selten von einem anderen Menschen durchbrochen, den sie eine kurze Zeit mit begleiten. Selbst Tiere sind kaum vorhanden. Es wirkt wirklich so, als wäre jegliches Leben bis auf den beiden Mädchen aus dieser Welt gestrichen worden.

Die beiden tragen Soldaten-Uniform und ein Gewehr bei sich, haben aber keine militärische Mission oder überhaupt große Ausbildung. Die Welt wirkt leer und doch gibt es keinerlei Leichen und nur Überreste in Form von Strukturen. Yuuri und Chito wirken teilweise so, als würden sie die Welt um sich herum gar nicht kennen und sie erforschen zum Teil für uns ganz grundsätzliche Dinge mit einer Neugier und Kreativität, die mich fasziniert hat.

Eine fremde Welt neu entdecken

Haben wir als Kinder nicht alle mal davon geträumt, die Welt zu entdecken? Damals war sie noch fremd für uns und es gab so viele neue Dinge, die wir verstehen und lernen wollten. Unsere Welt ist schon zum größten Teil erkundet und man kann mittlerweile über das Internet zu jeder noch so kleinen Sache einfach alles nachlesen. Genau da trifft Girls‘ Last Tour einen tollen Punkt. Es bietet eine fremde Welt, die unserer doch in vielerlei Hinsicht ähnelt. Auf ihrer Reise sind Yuuri und Chito die Entdecker, die wir früher immer sein wollten. Oftmals wirkt es so, als würden sie gar nicht so richtig in diese Welt gehören, denn diese Welt ist schon fertig damit, Leben zu bewahren. In dieser riesigen, von Maschinen und Menschen errichteten Stadt gibt es nur noch Rationen, die man finden kann. Jede natürliche Nahrung ist schon lange verschwunden.

Es gibt da ein Kapitel, welches meine Frau und mich sehr berührt hat. Auf ihrer Reise finden die beiden Mädchen ein großes Mehrfamilienhaus und besichtigen eine der leeren Wohnungen. Während sie dort sitzen, malen sie sich alle Dinge aus, mit der sie diese Wohnung füllen würden. Am Ende ergibt es ein wunderschönes Panel von einer Wohnung, voll mit Dingen für ihr eigenes Heim. Manche Dinge haben sie erst auf ihrer Reise kennengelernt, andere sind ganz grundsätzliche Sachen wie Betten.

Der Zeichenstil von Tsukumizu erinnert mich an einen meiner Lieblings-Mangaka, Tsutomu Nihei. Beide schaffen es, trotz sehr unterschiedlichen Stilen, wahnsinnig große Welten darzustellen, in denen man sich einfach verlieren will. Die Zeichnungen sind oft krakelig, aber dabei auch oft detailverliebt und mit vielen kleinen Dingen, denen man folgen will. Es gibt später ein Panel voller Bilder von einer Person, die man kurz getroffen hat. Auf dieser Seite erzählt sich in den krakeligen Skizzen eine kleine Lebensgeschichte, die uns sehr nah gegangen ist. So etwas schafft nicht jeder Mangaka und umso glücklicher bin ich, dass es in dieser süßen kleinen Reise auch dazu gekommen ist.

Der Weg ist das Ziel

Girls‘ Last Tour hat eine fortlaufende Geschichte, welche auch an sich sehr gut ist. Doch viel wichtiger für mich waren die einzelnen Kapitel und die darin in sich abgeschlossenen Geschichten. Das Ende der Reise hat mich persönlich sehr mitgenommen, doch richtig in Erinnerung werde ich die kleinen Geschichten drum herum behalten. Es gibt da einen kleinen Abschnitt, in dem die beiden Mädchen Unterschlupf vor Regen suchen. In ihrer kleinen Höhle tropft es überall und da sie sich ein wenig entspannen, legen sie ihre Helme ab. Da entsteht der erste Ton, als ein Tropfen auf den Helm trifft. Wenige Minuten später haben sie unzählige Gegenstände unter die Löcher in der Decke gelegt und erzeugen damit eine tolle Melodie. In der Anime-Adaption gibt es dazu sogar einen wunderschönen Song, der nun auch in unsere Playlist gewandert ist. Diesen Song während der Szene zu hören war unvergesslich.

Es gibt überall Freude im Leben

Meine Frau und ich wollen uns irgendwann die beiden Helme der Mädchen tätowieren lassen, oder vielleicht auch irgendetwas anderes aus dem Manga. Nicht nur, weil uns dieser Manga so gefallen hat und uns auch als gemeinsame Lese-Erfahrung näher aneinander geschweißt hat, sondern viel mehr weil dieser Manga so viel ausdrückt. Selbst in dieser leeren, verlassenen Welt, konnten Yuuri und Chito fröhlich sein. Sie konnten Spaß haben, obwohl es nichts mehr gibt, denn sie hatten einander. Wenn man die Augen offen und den Geist frei hält, kann man immer etwas Positives finden. An diese Nachricht möchte ich glauben, denn es gibt schon viel zu viel negatives auf der Welt. So ein kleines bisschen Optimismus kann uns da allen nicht schaden.

Wenn ihr bereit seid, euch emotional mal ein bisschen durchwühlen zu lassen, möchte ich euch Girls‘ Last Tour fest ans Herz legen. Es ist eine unvergessliche Geschichte mit 2 wundervollen Charakteren und einer Welt, die man kennenlernen möchte. Ich habe diese Reise geliebt und empfinde sie als wichtige Reihe für mein Leben. Eine kleine Erinnerung, dass es überall Gutes gibt.

Yosunai

Spontaner Mitschreiber bei Nerdjunk. Hat wirklich keine Ahnung vom Blog-Schreiben, möchte es aber gerne mal ausprobieren. Liebt Indie-Spiele und Manga. Hat momentan zu viel Zeit und ist immer bereit, mal etwas Neues auszuprobieren. Hauptsache, es macht Spaß.

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