Wenn der Humor aufhört zu blenden – Tieferlesen bei Operation Magical Girl

Gastautor Avatar
29.07.2025 -

Vorab muss ich sagen: Ich war länger aus dem Magical-Girl-Genre raus. Hier und da habe ich noch mitbekommen, dass neue Anime erschienen sind, aber auf dem deutschen Manga-Markt habe ich eigentlich nichts mehr verfolgt. Über die Seite von Egmont Manga bin ich dann eher zufällig – angesprochen durch Cover und Titel – über „Operation Magical Girl“ gestolpert.

Dass es kein Schul-Setting war, weckte mein Interesse. Allerdings vermittelte mir die Leseprobe zunächst den Eindruck einer schrillen Parodie mit überzeichneten Emotionen und das überzeugte mich zunächst nicht. Im Buchhandel griff ich dann doch noch einmal zu Band 1 und blätterte weiter durch, um einen besseren Überblick zu bekommen. Es war ganz eindeutig eine Parodie auf das Magical Girl Genre, mit sehr einfachem Humor, aber gleichzeitig waren da sehr ernste Untertönen und genau dieses Gesamtpaket machte mich neugierig.

Hiromi Sakura war eigentlich ein ganz normaler Firmenangestellter. Doch seit er eines Nachts ein kleines Mädchen vor einen Monster rettete, kann er sich in ein Magical Girl verwandeln! Nun verbringt er seine Freizeit damit die Transformation zu meistern und seine Kräfte kennen zu lernen …

Aber Achtung: Das Böse schläft nicht!

Verlag: Egmont Manga

Bände: 3 (abgeschlossen)

Genre: Comedy, Magical Guardian

Demographie: Seinen

Altersempfehlung: 12+

ISBN (Band 1): 978-3755504375

ISBN (Band 2): 978-3755504559

ISBN (Band 3): 978-3755504566

Erschienen: Januar – Mai 2025

Zwischen Lachen und leisen Zwischentönen

Im Mittelpunkt der Handlung steht Hiromi, der durch eine Affekthandlung zum Magical Girl wird, und sein bester Freund Yuzuru. Gemeinsam versuchen sie zunächst, dem Phänomen der Magical Girl Transformation auf den Grund zu gehen. Die Geschichte beginnt sehr humorvoll mit einem guten Anteil Action, doch der unfreiwillige „Gender Switch“ dient nicht einfach nur als Gag, sondern erzählt stellenweise sehr respektvoll von Veränderungen – äußerlich wie innerlich. Es wird zwar kein klares Statement gesetzt, doch plumpe Stereotypen werden größtenteils vermieden, und es entsteht ein Raum, in dem sich die Figuren mit der Situation auseinandersetzen können.

Besonders gelungen ist die Entwicklung der Beziehung zwischen Hiromi und Yuzuru – womit ich gar nicht gerechnet hatte. Was zunächst wie eine rein auf Comedy getrimmte Freundschaft wirkt, entfaltet sich zunehmend zu einer komplexen Bindung mit beinahe romantischen Anklängen. Ohne es explizit zu benennen, zeichnet der Manga ihre emotionale Nähe mit zunehmender Feinfühligkeit – ein bemerkenswerter Kontrast zum parodistischen Aspekt.

Ihnen gegenüber steht Misaki, dessen Rolle zunächst durchschaubar erscheint, im Verlauf aber an Nuancen gewinnt. Seine Hintergrundgeschichte und seine Motivation fügen dem ansonsten eher action- und humorbetonten Geschehen eine emotionale Schwere hinzu. Der finale Konflikt erhält dadurch mehr Gewicht, auch wenn manche Entwicklungen etwas vorhersehbar bleiben.

Gute Idee mit kleinen Stolpereien

Stilistisch überzeugt Zero Akabane mit einem klaren, dynamischen Zeichenstil, der hervorragend zum Genre-Mix passt. Überzogene Gesichtsausdrücke, treffsichere Mimik und schwungvolle Action-Szenen sorgen für eine lebendige Lektüre. Der Humor ist dabei häufig visuell pointiert und trifft genau den Ton, den die Geschichte braucht – verspielt, aber nicht beliebig.

Beim Weltenbau jedoch schwankt die Qualität. Die Einführung der „Walzer“ als magische Ressource, das Magiesystem, die Anti-Magie-Einheit und die Hexe mit ihrer Freundin sind alles interessante Elemente, allerdings werden sie teilweise nur angerissen oder unzureichend in den Plot integriert. Gerade im Mittelteil verliert sich die Reihe in langen Erklärungen der Mechaniken, ohne dass diese später viel Relevanz erhalten. Die Magie-Polizei wirkt beispielsweise eher wie ein loses Story-Fragment als ein integraler Teil der Handlung.

Diese Aspekte, kombiniert mit dem begrenzten Umfang der Reihe, wirken sich leider negativ auf das Pacing aus. In den letzten Kapiteln wirkt vieles gehetzt. Gerade für die emotionalen Auflösungen zum Schluss hätte ich mir mehr Raum gewünscht. Mit ein oder zwei zusätzlichen Bänden wären die Entwicklungen im letzten Teil vermutlich deutlich stärker zur Geltung gekommen.

Ein Manga mit Herz, Humor und Mut zur Ambivalenz

Trotz der Schwächen bleibt bei mir ein positiver Gesamteindruck zurück. „Operation Magical Girl“ ist eine wundervolle Mischung aus Komödie, Genre-Spielerei und stiller Charakterstudie. Die Stärke der Reihe liegt weniger in ihrer Welt oder Handlung als in den Beziehungen, die sich über die Laufzeit hinweg entfalten.

Ich mochte den respektvollen Umgang mit Geschlechterrollen, das sanfte Herantasten an romantische Zwischentöne und die überraschend ernste Familiengeschichte, die sich unter dem rosa Glitzerkleid versteckt. Der Manga nimmt seine Lesenden ernst, ohne sich selbst zu ernst zu nehmen – eine schöne Kombination.

Wer Lust auf einen etwas unkonventionelleren Zugang zum Magical-Girl-Genre hat, sollte der Reihe eine Chance geben. Sie beginnt albern – und endet mit Herz.

Diesen Beitrag haben wir von Norrsken erhalten.

Immer müde und hungrig beschreiben mich am besten. Ich liebe Geschichten, dabei ist das Medium – Roman, Manga, Anime, Serie, Videospiel – erst mal egal. Einen besonderen Softspot habe ich für Erzählungen mit einem Touch, Hopepunk oder Solarpunk. Ansonsten geht nichts über ein bisschen sozialistische Revolution.

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  • Bilder von Norrsken selbst erstellt
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