Der erste April ist so ein Tag, den ich echt anstrengend finde. Überall irgendwelche Accounts, die sich für sehr lustig halten und komische Falschmeldungen posten. Manche davon sogar so nah an dieser komischen Realität, dass man sie glatt glaubt, bis man sie dann enttäuscht oder erleichtert näher anschaut. Dieses Jahr hatte der Tag aber auch etwas wundervolles, da ein kleiner Indie-Diamant plötzlich erschienen ist. Die Rede ist von „Haste“ vom Studio Landfall. Vor dem Release hatte ich dieses Spiel eigentlich so gar nicht auf dem Schirm, aber ein halber Release-Trailer reichte mir bereits, um es umgehend in meinen Warenkorb zu stopfen und mir zu holen. Diese Entscheidung ist nun etwas mehr als eine Woche her. Seitdem habe ich neben der Arbeit bereits 21 Stunden in dieses Spiel gepackt und es war für die ersten Tage nach Release das einzige, an dass ich denken konnte. Ich bin ganz ehrlich, dieses Spiel war ein purer Dopamin-Rausch für mich. Fangen wir aber doch erstmal von vorne an, worum geht es überhaupt?
Das Ende des Universums
Haste beginnt direkt am Ende eines Universums. Alle Welten zerbrechen und lösen sich so langsam auf, während unsere Heldin Zoe gerade ihre Briefe in verschiedenen Welten ausliefert. Ein kleines Hub bleibt noch übrig mit einer Gruppe verschiedenster Leute. Es bilden sich insgesamt 10 Splitter, durch die Zoe nun rennen muss um vielleicht das Ende dieses Universums aufhalten zu können. Die Story ist zum Anfang hin ziemlich im Hintergrund, dafür fesselt einen direkt vom Tutorial aus etwas ganz anderes:
Das Gefühl von Geschwindigkeit in diesem Spiel ist absolut süchtig machend.
Der Aufbau von Haste ist ziemlich einfach. Hinter jedem der 10 Splitter befindet sich ein Rogue-Like mäßiger Aufbau an Leveln und Upgrade-Spots, durch die man sich einen Weg heraussuchen muss. Am Ende kommt dann ein großer Boss. Die Level sind allesamt zufällig generiert, was bei diesem Spielgefühl der Geschwindigkeit auch genau richtig ist, damit es nicht schnell langweilig wird. Wenn man einen der Splitter geschafft hat oder im hohen Bogen hinausbefördert wird, landet man im Hub des Spiels. Dort kann man mit den verschiedenen Überlebenden der Welten sprechen und Zoes Arsenal an Bewegungsmöglichkeiten erweitern oder die grundlegenden Fähigkeiten für die Runs verbessern.

Voller Fokus auf Speed
Sobald man sich mit Zoe in den ersten Splitter wirft, merkt man sofort, worauf sich die Entwickler konzentriert haben. Die wenigen verschiedenen Biome der Splitter, die man bereist, sind ziemlicher Standard. Wüste, Wald und Eislandschaft. Dazu noch eine Herausforderungs-Welt mit eigenem Design und ein paar kleinere Karten für Events während der Level-Stränge. Eine riesige Menge an Gegenständen oder Modifikationen für die Welt gibt es auch nicht. Die typischen Rogue-Like Merkmale und Stärken sind hier eher weniger gegeben und nur auf der Sparflamme. Trotzdem hat mich dieses Abenteuer intensiver und mehr zum Weiterspielen animiert, als so manch andere Titel der letzten Jahre, denn Haste punktet genau in der kleinen, genauen Vision der Entwickler: Einen Gameplay-Loop zu kreieren, der den Spieler so schnell und hart wie möglich in einen Flow bringt.
Zoe kann während ihrer Runs nicht springen. Jegliches Momentum in der Luft erhält man, wenn man sich die Umgebung der Level ans Rampen verwendet. Zudem wird jede Berührung mit dem Boden bewertet und bietet bei einem perfekten Winkel auch einen ordentlichen Schub an Geschwindigkeit. Durch diesen ständigen Fokus auf die Bewegung und das Absuchen der Level mit dem Auge um die perfekte nächste Rampe zu finden bildet sich ein unglaublicher Flow. Wenn dann auch noch kleine Gegenstände oder Ausrüstung hinzukommt, durch welche die Geschwindigkeit noch erhöht wird, entsteht bei mir eine Sucht. Wer den Kopf gerne mal mit Reizen überflutet um sich zu entspannen, ist hier genau an der richtigen Stelle.

Eine kleine, schnelle Erfahrung
Haste hat mich für eine komplette Woche festgehalten. Jetzt, wo ich durch bin mit der Geschichte und auch allen Splittern in der Welt könnte ich theoretisch noch ein wenig Zeit im Endlos-Modus verbringen, aber dieser wirkt aktuell noch etwas langatmig und leider habe ich mit einem wirklich starken Durchlauf auch bereits alle Errungenschaften dafür freigeschaltet. Leider sind in diesem Modus auch keine Events, Shops oder Bosse verteilt, sodass man nach einer Weile in eine Monotonie verfällt. Die Stunden, welche ich in den 10 Splittern und den ganzen Leveln verbracht habe, war aber grandios. Ich möchte auch oftmals gar keine so ewig langen Spiele und auch nicht jedes Rogue-Like muss man ewig spielen können. Oftmals reicht einfach so eine kleine Erfahrung für Zwischendurch, insbesondere wenn man arbeitstechnisch ziemlich eingespannt ist. Haste ist perfekt für den Feierabend gewesen, um nach einem anstrengenden Tag einfach nicht mehr denken zu müssen und sich nur auf das Rennen konzentrieren zu können. Nach ein paar Splittern hat auch die Story ziemlich an Fahrt aufgenommen und ich war für den finalen Splitter auch ziemlich gespannt, wie die Story sich dann am Ende abschließt. Leider ist nach dem offiziellen Ende auch Schluss mit der Story, das Spiel setzt Zoe einfach auf den Zustand vor dem Ende zurück.
Die Bosse – Leider kein Highlight
Kommen wir aber mal zu einer für mich ziemlich großen Kritik. Dieses Spiel ist im gesamten eher sehr klein gehalten, was für mich auch vollkommen okay ist. Dieses Spiel hat insgesamt aber nur 4 Bosse. Drei von diesen Bossen muss man in regelmäßigen, immer gleichen Abständen bezwingen. Sie haben diesen Rollenspiel-Effekt, wo man immer eine andere farbliche Variante bekämpft. Zwei von den drei Bossen finde ich auch generell gut, einer war eher etwas anstrengend und zum finalen Boss komme ich gleich nochmal. Während der letzten Splitter bekam ich immer mehr das Gefühl, dass hier etwas übertrieben wurde. Einer der Bosse wirkte in seiner letzten Variante so überladen, dass ich teilweise wirklich Probleme hatte, etwas zu erkennen.
Die Lesbarkeit des Bildschirms ist generell ein Problem bei den Bossen, weil es in den späteren Splittern durch große Quantität statt Qualität in Sachen Angriffen einen Übermaß an Effekten auf dem Bildschirm abfeuert. Der finale Boss, ohne ihn zu spoilern, war für mich einer der wenigen Spiele-Momente generell, wo ich abgrundtief wütend wurde. Es gab mittlerweile einen Patch, der ihn etwas erträglicher macht, aber gut gestaltet finde ich ihn immer noch nicht.

Ein weiteres, kleineres Problem für mich war das Punkte-System in den Leveln und die Belohnungswährung, wenn man einen Splitter beendet hat. Insbesondere in den Herausforderungen, wo man ein Gegenstand am Ende erhält und das Punkte-System die Seltenheit dieser Gegenstände bestimmt, fühlte ich mich konstant zu langsam um eine gute Bewertung zu erhalten. Nach 20 Stunden möchte ich mich nicht als Ober-Profi hinstellen, aber dieses Gefühl der zu harten Bewertung ist von Anfang bis Ende gleich geblieben. Der letzte kleine Kritik-Punkt, den die Entwickler aber auch bereits angenommen und verbessert haben, ist die Währung um sich zu verbessern oder neue Ausrüstung freizuschalten. Selbst nach einem Patch fühlte es sich besonders in den späteren Splittern einfach als zu wenig an. Entweder erhält man zu wenig davon, oder die Upgrades kosten einfach zu viel.
Fazit – Eine wundervolle kurzweilige Indie-Perle, mit ein paar Macken
Haste war für mich zum Anfang des Aprils eine wundervolle Überraschung. Von einem spontanen Kauf zu einer kleinen Phase der Sucht nach diesem Geschwindigkeitsgefühl hat es mich für die kürzere Laufzeit ziemlich gut bei Laune gehalten. Die noch etwas chaotischen Bosse gegen Ende des Spiels und der letzte Boss benötigen noch Feinschliff, aber die Entwickler sind bereits fleißig am patchen. Diese Erfahrung hat mir Lust nach mehr gemacht und am Ende so eines Spiels ist doch genau dieses Gefühl ein Zeichen dafür, dass Landfall mit diesem Titel viel richtig gemacht haben.
- Perfekter Flow in den regulären Leveln
- Hübsche Ästhetik
- Eine sehr süße Story
- Wenig Abwechslung
- Überladene Bosse gegen Ende
Quellenangaben:
- Jegliche Bilder aus dem Beitrag stammen von der dazugehörigen Steam-Seite