Vor ein paar Tagen hab ich so ein bisschen durch meine Steam-Bibliothek gestöbert. Mittlerweile haben sich über die Jahre echt viele Titel angesammelt und leider wurden auch viele davon noch nicht durchgespielt. Viel zu viele habe ich noch nicht einmal gestartet. Während ich dort am scrollen war, fiel meine Aufmerksamkeit auf das Spiel „Brigador: Up-Armored Edition“. Auch wenn es kein vollständig ungespieltes Spiel in meiner Bibliothek ist, hab ich es doch nie beendet und auch für meinen Geschmack damals zu wenig gespielt. Das Gameplay war interessant, ein isometrisches Action-Geballer mit zerstörbarer Umgebung und großen Robotern und anderen Fahrzeugen. Viele Karren, Knarren und Bumm, also genau das richtige für einen entspannten Abend. Nur eine Sache hat mich immer verwirrt.
Dieses Spiel hat für alles, jede Knarre, jede Karre und jeden Piloten mittellange Codex-Einträge.
Ich bin ganz ehrlich: Hab ich die Dinger gelesen? Nein. Meine Aufmerksamkeitsspanne beim Zocken ist da einfach zu klein. Wenn ich so ein Action-Spiel spiele, bin ich nicht in der Stimmung zu lesen. Doch je weiter ich damals in Brigador eingedrungen bin, desto mehr hat sich das Spielgefühl gedreht. In Brigador müssen auf mal kleinen, mal größeren Karten immer gewisse Ziele erfüllt werden. Diese unterscheiden sich nur leicht. Was das ganze aber besonders macht ist die pure Gegnermenge, die sich unseren Brigadors in den Weg stellt. Wenn man als einzelnes Fahrzeug, teilweise so klein und fragil, dass ein paar Schüsse zur Auslöschung genügen, einer kompletten Patrouille gegenübersteht, dann wird das nichts mehr mit stumpfen Bumm-Bumm. Ab einem gewissen Punkt, gar nicht so weit in der Kampagne, wird jeder Auftrag zu einem kleinen Puzzle. Oftmals eine Herausforderung, die auf den ersten Blick unmöglich erscheint. Aber genau wie ein schlauer Pilot und Angreifer kann man sich Stück für Stück einen Vorteil schaffen, die feindliche Kommunikation ausschalten und sie eiskalt, ohne jegliche Verstärkung auseinanderpflücken.

Während ich dieses Spiel nochmal gestartet habe, sind mir erst die DLCs aufgefallen. Neben den mehreren Soundtrack-Packs (Welche übrigens ein Reinhören wert sind, wenn man auf Dark Synth steht), stand da auch noch etwas von einem Hörbuch, welches auch einfach nur „Brigador“ hieß. Ich bin total der Hörbuch-Typ, höre am Liebsten meine Geschichten weil ich über Audios am besten Daten aufnehme. Nach dem ersten Reinhören war ich komplett gefangen und hab das Hörbuch über ca. 1 Woche entspannt beim Pendeln und langen Spaziergängen zu Ende gehört. Ist euch aufgefallen, dass ich vorher gar nichts wirklich über das Setting von Brigador geschrieben habe? Das liegt daran, dass ich genauso wenig Ahnung hatte wie ihr bis jetzt. Das Spiel begrüßt euch nur mit 3 Sätzen über irgendeinen „Great Leader“, der jetzt tot ist und danach kommen direkt die Tutorials. Aus den Einsatz-Beschreibungen kriegt man 3 Fraktionen („Loyalists“, „Corvid“ und „Spacers“) als Feinde angezeigt, allerdings sieht man nicht direkt, welche Fraktion man gerade selbst spielt. Es wirkt alles ehrlich gesagt etwas mysteriös.
Dieses Hörbuch hat dieses wenige Interesse über die Spielwelt komplett weggeblasen. Es hat größtenteils das Militär von Solo Nobre, einer riesigen Kolonie auf einem Planeten im Mittelpunkt. Sie haben einen „Great Leader“ und werden von einer Minute auf die nächste in pures Chaos gestürzt. Große Einrichtungen werden beschossen und explodieren, allen Piloten wird ein Vertrag zum Verraten der eigenen Kolonie auf die Displays projiziert und der „Great Leader“ ist auch ohne jegliche Erklärung tot. Dieses Hörbuch ist anstrengend, denn genauso fühlt es sich auch für die Soldaten an. Sie werden in eine Situation geworfen, die sie kaum überleben können und Kämpfe brechen überall aus. Es herrscht völliges Chaos, neben den eintreffenden Feinden aus dem All kommen auch noch ehemalige Verbündete dazu, die sich für den Verrat entschieden haben und auf ihre Kollegen schießen. Es war für mich eine neue Erfahrung, so intensiv und detailliert über den Tod von Soldaten und Zivilisten zu hören, diese Verzweiflung ist teilweise auf mich übergeschwappt und hat mich umgehauen. Das Buch beantwortet zudem auch einige Fragen um die Fraktionen. Spacer zum Beispiel sind Menschen, die nur in Raumschiffen leben und Planeten ausrauben, um überleben zu können. Corvid sind die Hauptverantwortlichen für den Angriff, sie gehören riesigen Mega-Firmen an und wollen die Kolonie einfach stumpf einnehmen und die Ressourcen des Planeten zum Wachsen benutzen.

Mit diesem Wissen habe ich die Kampagne vom Spiel nochmal neu angefangen. Sogar die Codex-Einträge hab ich mir mal durchgelesen oder zumindest überflogen und siehe da, die Welt ist doch ziemlich interessant. Man spielt nirgendswo eine gute Person, meistens ist man einfach nur ein Massenmörder, der seine Taten durch die eigene Fraktion irgendwie rechtfertigt. Auch gibt das Hörbuch einen wichtigen Kontext zu den kleinen Menschen, die man ständig überrollt oder aus Versehen beschießt. Menschen mit gelben Westen sind Zivilisten, in den meisten Fällen sogar Sklaven. Blaue Westen sind bewaffnet. Das wusste ich vorher auch schon, aber mit der bestätigten Unschuld dieser Menschen fühlte ich mich bei dem neuen Durchlauf doch ziemlich schlecht. Besonders, da es ein paar Missionen gibt, wo quasi nur Zivilisten im Weg stehen. Und von gelben Westen mit Bomben, die man zum Überleben zerschießen muss, will ich gar nicht anfangen.
Eine Sache, die mich etwas im Spiel stört, sind die verschiedenen Blickwinkel. Man sieht vor jeder Mission, gegen welche Fraktion man gleich kämpfen wird. Die eigene Fraktion wird erst klar gestellt, wenn man das Fahrzeug und den dazugehörigen Piloten für die Mission auswählt. Doch selbst da steht es oft nicht, man muss sich einfach merken welche 4 Fahrzeuge zu welcher Fraktion gehören. Die Lösung finde ich nicht perfekt, denn bei den ganzen fremden Namen und dem schnellen Abschließen der Missionen bin ich da mehrfach drüber gestolpert. Im Spiel selbst sind die Fraktionen aber auch gar nicht so wichtig, solange man weiß, gegen welche Fraktion man gerade die Waffen erhebt. Auch sind mir die Fraktionen im Spiel alle etwas zu ähnlich. Die „Loyalists“ und „Corvid“ kann ich kaum auseinander halten. Die „Spacer“ sind da etwas einfacher, denn sie haben eine riesige Einheit, die als großer Roboter-Kopf durch die Luft schwebt und eine zerstörerische Menge an Lasern aus dem Mund schießt. Sowas kann man sich gut merken, aber die Roboter-Modelle der anderen Fraktionen sind sich eher ähnlich.

Brigador ist ein Spiel, welches komplett von Zerstörung und Tod lebt. Es zeigt einen Überfall auf eine riesige Kolonie, die selbst unglaublich viel Leid erzeugt und doch sind die Angreifer keine Helden. Es geht einfach nur um das Ausbeuten und Zerstören für die Wünsche und Ziele der Leute auf den obersten Führungsebenen. Die Kampagne durchzuspielen hat mich wütend gemacht, denn hier gibt es einfach keine Sympathie mit irgendwelchen Menschen. Sie geben sich alle ihrem Zerstörungswahn hin und ich bin vielleicht einfach zu naiv, denn ich wünsche mir zumindest irgendwo eine gute Person in dieser Welt. Doch an diese „guten“ Menschen kommt man nicht dran, denn sie werden von meinem Mecha, Motorrad, Panzer, Party-Van oder Exosuit gerade zertrampelt oder zerschossen. Menschen, die ihr Leben lang nur die Minen dieser Kolonie gesehen haben. Ich mochte Brigador vorher als großes Bumm-Bumm-Gewitter schon, aber durch dieses Hörbuch und das geweckte Interesse an der Welt fühle ich mich noch viel mehr in diese Welt gezogen.
Zum Abschluss möchte ich die Frage mal an euch weitergeben: Welche fiktionale Welten haben euch durch verschiedene Medien begeistert? Vermischt ihr das eigentlich so von Medium zu Medium? Oder bleibt ihr lieber bei einer einzelnen Welt pro Spiel, Film oder Buch.
Quellenangaben:
– Cover von GOG.com
– Screenshots selbst aus dem Spiel aufgenommen