Diesen Beitrag haben wir von „Kurisu van Edge“ eingesendet bekommen. Sie schreibt uns hier über ihre Erfahrungen mit der Playstation Vita.
Kurisu hat auch einen eigenen kleinen Blog. Schaut gerne mal rein.
Hier geht es zum Blog: https://kurisuvanedge.neocities.org/
Die PS Vita hatte, was Ihren Ruf anging, einen recht abenteuerlichen Lebenslauf. Veröffentlicht als das unglaubliche Handheld-Biest zum Jahreswechsel 2011/12, mit einigen beeindruckend aussehenden Titeln gleich zum Launch, doch dann schnell von Sony vernachlässigt, vor allem im Westen. Die längste Zeit dann nur wirklich für Virtual Novel Enthusiasten relevant, die der japanischen Sprache mächtig waren, bis sie auf ihre alten Tage von indie-devs noch einmal Leben eingehaucht bekam.
Heute ist die Vita hauptsächlich dafür berühmt, was ihre Fans aus ihr gemacht haben: Das wahrscheinlich beeindruckendste Homebrew-System der Welt. Und als solches möchte ich es heute vorstellen! Aber nicht, ohne euch vorher meine Geschichte mit diesem Juwel der meiner Meinung nach letzten wahren Handheld-Konsolengeneration.
Das Nintendo-Mädchen und der Sony-Handheld
Es muss so um 2015 gewesen sein. Gut 9 Jahre nachdem ich meine erste Konsole, eine Playstation 1, für eine Nintendo Wii eingetauscht habe, ohne jemals zurückzublicken. Ich hatte den Pfad des Nintendo-Fan-Girls gewählt, spielte jeden Tag mit meinem 3DS, den ich nicht in der Auto-Werkstatt von Onkel Werner (er gab mir ’ne Festanstellung) den Boden geschrubbt habe, um für eine WiiU zu sparen.
Aber auch wenn meine Mutter etwas anderes gesagt hätte, waren Videospiele natürlich nicht alles in meinem Leben. Es gab auch Musik! Schon länger war ich ein großer Fan von Vocaloid, im Grunde seit als man Leuten noch erklären musste: „Das ist ein Voice-Synthesizer, quasi ein elektronisches Musik-Instrument, das Sprache wiedergeben kann. Und es hat Maskottchen, die alle süße Anime-Mädchen sind!“ und sie haben einen nur mit einem derogativen Blick angesehen, den ich bis heute nicht interpretieren kann. Sie haben es auf jeden Fall nicht verstanden.
Zum Unglück dieser Leute, ist ein solches Unverständnis ein mächtiger Dünger für die Kunst, die ein rebellischer Teenager auf seinem Feld der Identitätsfindung ausgesät hat, und so kam es, dass ich Hits wie „Triple-Baka“, „Vegetable Juice“ und „The Melancholy of Detective Haku Yowane“ aus meiner Anlage hab brüllen lassen, als seien sie auf dem neusten Rage Against the Machine-Album.
Aber was hat das mit der Vita zu tun? Nun, es gab da dieses Spiel: „Hatsune Miku – Project Diva f2nd“, exklusiv für die kontemporären Konsolen aus dem Hause Sony. Ich wollte dieses Spiel unbedingt haben. Aber Geld für eine PS3 wäre nie drin. Die WiiU war schon alt, und ich hatte sie noch nicht kaufen können, das konnte unmöglich noch weiter verzögert werden. Aber da war ja noch etwas! Der 3DS-Konkurrent, der diesen Konsolen-Krieg eindeutig verloren hatte. Ich habe eine Vita auf ebay-Kleinanzeigen für 60€ entstanden. „Absoluter Neuwertiger Zustand“!
Die Person, die die Konsole verkaufte, arbeitete im selben Kaufhaus wie meine Mutter, also habe ich sie beauftragt, mir die Maschine mitzubringen – Ein großer Fehler, wie sich schnell herausgestellt hat. Als meine Mutter an diesem Abend heimkam, hielt ich eine vergilbte, nach Zigaretten stinkende OVP in der Hand. In ihr verbarg sich eine PS Vita, eine 4 GB Speicherkarte, und ein Ladekabel für irgendeinen Laptop. An diesem Abend habe ich mir geschworen, nie wieder eine gebrauchte Konsole aus einem Privatverkauf zu erstehen, ohne sie vorher persönlich zu inspizieren.
Aber gut, eine third-party Ladekabel-Bestellung später war es dann endlich so weit: Hatsune Miku und ich waren vereint, durch die Playstation Vita. Es war eine gute Zeit, und ich habe das Spiel wirklich viel gespielt. Trotzdem war es aber nur ein einziges Spiel. Später habe ich mir noch Person 4 Golden und Steins;Gate besorgt, die ich auch zur Genüge gespielt habe, aber es reichte einfach nicht. Diese drei Spiele, gegen meine riesige Sammlung an großartigen 3DS Spielen? Ehe ich mich versah, landete meine Vita in der Schublade, wo sie für die nächsten 9 Jahre bleiben würde.
Die Rückkehr des Königs
Springen wir nun vor ins Jahr 2023. Der Handheld-Markt hat sich stark verändert. Manche (ich) würden vielleicht behaupten, er sei so gut wie tot, oder zumindest in einer tiefen Krise. Der aktuelle Markt lässt dir als Konsument*in zwei Möglichkeiten:
Spiele kleine Spiele für unterwegs und zwischendurch auf deinem Telefon, mit allem was dazugehört: Mikrotransaktionen, Warten als Gameplay-Mechanik, und einem sich rapide leerenden Akku auf dem Gerät, das innerhalb der letzten Zehn Jahre irgendwann auch zu deinem MP3-Player, deinem Portemonnaie, deiner Fahrkarte für den öffentlichen Nahverkehr und deinem Notruftelefon geworden ist.
Spiele große Spiele auf einem dezidierten Handheld, der in seiner Hardware-Power mit den großen Jungs am Fernseher mithalten will. Ich will hier nicht so zynisch sein wie beim Handy, es gibt definitiv viele gute Gründe für eine Switch oder ein Steamdeck. Aber dass man sie einfach immer in der Handtasche dabeihaben, und mal schnell im Bus oder im Wartezimmer beim Arzt herausholen kann, gehört definitiv nicht dazu. Mir fehlt das.
Es gibt zwar auch noch eine Reihe an Emulation und FPGA-Handheld Systemen, wie zum Beispiel den Analogue Pocket, aber am Ende des Tages sind das alles ja lediglich neue Geräte, um alte Spiele zu spielen. Spiele, für die ich die Konsole wahrscheinlich ohnehin schon besitze.
Also habe ich getan, was jeder in meiner Situation tun würde: Ich habe angefangen, immer einen Retro-Handheld bei mir zu tragen. Mal mein GBA SP, mal mein DS oder 3DS. Wenn das Wetter schön ist, stecke ich meinen DMG Gameboy mit meiner Gameboy Camera ein und mache vielleicht ein paar Fotos in der Stadt. Es ist großartig, und ich kann es jedem empfehlen.
Zum Ende des Jahres wurde dann die Playstation Portal angekündigt, die mich, wie wahrscheinlich auch jeden Handheld-Enthusiasten, überhaupt nicht juckt. Aber sie hat mich daran erinnert, dass ich immer wieder Leute über Homebrew auf der Vita hab reden hören. Das man mittlerweile das Problem mit den blöden exklusiven Speicherkarten gelöst habe, und dass allein die Homebrew-Kapazitäten dieser Konsole so toll seien, dass sich ihr Preis auf dem Gebraucht-Markt wieder verdoppelte. Also habe ich meine Vita abgestaubt und mir einen SD2Vita Adapter mit 128 GB microSD-Karte besorgt.
Ich fing an mit dem hacken, und habe mich anfangs sehr geärgert. Ich hatte zwar ein USB-Kabel für meine Vita durch mein third-Party-Ladekabel, aber die Verbindung ist immer wieder abgebrochen. Es gibt zwar noch eine Möglichkeit, aber mit sowas habe ich mich noch nie auseinandergesetzt, und was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht. Zumindest nicht freiwillig. Aber ich sah es auch nicht ein, jetzt noch mal ein neues Kabel zu kaufen, also habe ich herausgefunden, wie man einen ftp-Server einrichtet. Und wie sich herausstellt, ist das alles super easy! Ein Traum möchte ich sagen!
Es ist nicht einmal langsamer als USB. Ich kann einfach alles tun, was ich mir wünsche, und muss dafür weder ein Kabel rausholen noch meine Micro SD-Karte herausnehmen und in den PC stecken. Ein Knopfdruck und ich kann sämtliche Daten hin- und herschicken. Für mich revolutionäre Technik auf einem über 10 Jahre alten Gerät. Also richte ich alles ein: Adrenaline, hier und da ein Plug-in, ein Haufen Japan-exklusiver Spiele, die ich mittlerweile lesen kann, und alle möglichen PSP und PS1 Spiele, die ich noch nachzuholen habe.
Es gab nur ein Problem: Diese Spiele sind kein Mario oder Pokémon. Sie sind auch kein mobile-Puzzle Game. Das sind Spiele, die man mit Ton spielen will, und meine einzigen kabelgebundenen Kopfhörer sind meine vintage Sony MDR-006 Kopfhörer, mit denen der Typ im Bus neben mir mehr hört als ich selbst.
Aber während ich da so rumprobiere und durch die Einstellungen stöbere, stoße ich auf etwas: Dieses Gerät hat Bluetooth! Dieser Handheld aus 2011 kommt nicht nur mit einem antiquierten E-Mail-Client und einer Skype-App vorinstalliert, dieses Gerät verbindet sich mit meinen nagelneuen Sony WF-C700N Bluetooth Kopfhörern im Jahre 2024!
Noch am Tag dieser Realisierung habe ich mit meiner PS Vita in der S-Bahn gesessen und mir vom Colonel ins Ohr flüstern lassen, während ich als Solid Snake durch ein angebliches Atommüll-Endlager geschlichen bin. Seitdem hatte ich keine andere Konsole mehr in meiner Handtasche.
Vor kurzem habe ich sogar angefangen, Musik auf meiner Vita zu speichern. Ich habe schon länger nach einem MP3-Player gesucht, der Bluetooth unterstützt, um meinen Handyakku weiter zu entlasten. Und bisher bin ich sehr zufrieden!
Dieses Wunderspielzeug bietet mir gerade wirklich viel, und ich bin sehr zufrieden damit. Die Möglichkeiten sind noch nicht einmal ausgereizt! Selbst wenn ich irgendwann wieder genug von Playstation-Spielen haben sollte, muss das nicht heißen, dass ich mich von der Vita trennen muss. Ich kann immer noch RetroArch installieren, wodurch sich noch mal so viele Möglichkeiten eröffnen würden, als wenn ich ein Gerät wie einen Analouge Pocket kaufen würde. Und all das in einem, meiner Meinung nach, sehr viel angenehmeren Formfaktor. Habe ich erwähnt, dass die Vita die am angenehmsten zu haltende Handheld-Konsole ist, die ich je bespielt habe? Wenn ihr selbst noch eine Vita zu Hause rumliegen haben solltet, würde ich euch auf jeden Fall empfehlen, auch mal in die Homebrew-Szene hineinzuschauen. Ich finde, es lohnt sich!
@nerdjunkblog abgefahren. Ich hab die Konsole auch schon ewig, auch gehackt und immer noch im Einsatz. Aber ich hatte keine Ahnung, dass die Bluetooth unterstützt. 🤯
Ich hab die Vita damals eher aus Interesse gehackt. Es sah recht einfach aus und das war es letztlich auch.
Und siehe da, seitdem ist sie wieder regelmäßig im Einsatz. An Vielfältigkeit kaum zu überbieten.
Ich wusste es auch nicht, um ehrlich zu sein. Habe selbst nie eine gehabt. Denke, da könnte dir Kurisu mehr erzählen. Freue mich aber, dass du bei mir auf der Seite noch etwas lernen konntest. 🙂