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800+ Stunden Dungeon Master – Meine wichtigsten Lektionen

Pen and Paper ist nicht nur ein nettes Hobby von mir, sondern mittlerweile auch eine Leidenschaft. Manchmal sogar ein bisschen Therapie, wenn ich mal wieder vor einigen Problemen stehe. Seit ca. 2017 spiele ich TTRPGs und seit 2018 habe ich auch angefangen, selbst zu leiten. Laut meinen Online-Statistiken, die ich schon seit 2020 nicht mehr weiterführe, habe ich etwas über 800 Stunden insgesamt gespielt. Davon waren wenig Stunden als Spieler, da ich sehr früh angefangen habe in die GM Rolle zu schlüpfen. Fangen wir aber doch erst mal von vorn an. Was ist ein DM/GM überhaupt und was macht Pen & Paper so aus?

Pen & Paper ist das gemeinsame Rollenspiel, welches man mit ganz verschiedenen Regelwerken, mit anderen Kollegen (oder im seltenen Fall auch mal alleine) am realen oder digitalen Tisch spielt. Die Menschen erstellen sich dafür Charaktere mit verschiedensten Fähigkeiten, Hintergründen und Persönlichkeiten. Dabei wird zwischen Spielern und dem Dungeon Master (DM) oder Game Master (GM) unterschieden. Spieler schlüpfen in die Rolle von Charakteren, während der GM die Welt drum herum spielt. GMs bauen die Welten, Geschichten und NPCs, mit denen die Spieler interagieren. Geschichte ist vielleicht etwas weit gesagt, meistens erstellt man eher die Settings und Hintergründe für die Spieler, denn für das gemeinsame Geschichtenschreiben sind die Spieler selbst verantwortlich.

Mit der Zeit lernt man einiges als GM. Ich bin zugegebenermaßen nicht wirklich erfahren als Spieler und kann zu dieser Seite nicht so viel sagen. Damals bin ich als einmalige Vertretung für unseren GM eingesprungen und dann so daran hängengeblieben, dass ich zum neuen GM wurde und unser alter Spielleiter dann auch endlich mal wieder spielen konnte. Über die vielen Jahre als GM habe ich sehr viele Lektionen über dieses Hobby gelernt, die ich heute mit euch teilen möchte. Außerdem würde ich gerne ein paar nette Geschichten mit euch teilen.

Lektion 1: Vorbereitung ist nicht alles

Von diesen 800+ Stunden als Spielleiter waren sicherlich die Hälfte, wenn nicht sogar mehr, reine Vorbereitungszeit für die Sessions. Stundenlang beschäftige ich mich pro Spieleabend vorher damit, Karten zu zeichnen, NPCs zu schreiben und Gegenstände zur Belohnung vorzubereiten. Wir haben damals viel Dungeons and Dragons gespielt und ich fand das System schon damals etwas eingeschränkt, was viele meiner Ideen für potentielle Kämpfe und Bosse anging. Deswegen habe ich sehr schnell angefangen, eigene Monster zu basteln und magische Artefakte selbst zu schreiben. Wenn man nicht alles aus Listen und Katalogen rausschreiben kann, nimmt das ordentlich Zeit ein.

Als ich anfing, habe ich wirklich alles ins kleinste Detail ausgeschrieben. Seiten über Seiten mit Informationen, Ereignissen und noch ganz viel unnützes Zeug, was aber vielleicht gebraucht werden könnte. An den ersten Spieleabenden habe ich dann schnell realisiert, dass 95% dieser Vorbereitung nicht von den Spielern gebraucht wurde. Noch viel schlimmer kam ein Problem auf, welches ich vorher gar nicht bedacht hatte:

Spieler handeln niemals so, wie man es voraussehen würde.

In der ersten Session, die ich geleitet habe, ging es um eine von einem Pilz infizierte Kirche. In ihr waren überall Pilz-Zombies, die langsam und unbedrohlich waren. Ich hatte Laufwege für die Zombies erstellt, damit sich Spieler daran vorbeischleichen konnten, alles bis ins kleinste Detail. Was machen die Spieler? Sie legen Feuer und fackeln alle Zombies einfach ab. Problem, für welches ich 40 Minuten eingerechnet hatte, war innerhalb von 10 Minuten komplett gelöst. Solche Situationen gab es immer wieder und mit der Zeit habe ich es auch lieben gelernt, wenn die Spieler meine Pläne systematisch durchkreuzen. Es bringt einfach eine nette Kreativität mit sich, wenn auf ein geschaffenes Szenario durch die Spieler ganz viele neue Blickwinkel geworfen werden.

Lektion 2: Lebe auch mal die „Rule of Cool“

Spieler sind wie wilde Tiere. Man kann sich über sie informieren, sie studieren und ihre Verhaltensweisen lernen und trotzdem kann man sich nie sicher sein, was genau sie als nächstes anstellen werden. In meinen 7 Jahren mit P&P Runden hatte ich so viele merkwürdige Aktionen von Spielern mitbekommen, dass ich mich nicht mal mehr an alles erinnern kann. Selbst ich sorge als Spieler öfter mal für komische Aktionen. Am Anfang haben mich diese Aktionen als GM immer überfordert, weil ich noch nicht so vertraut mit den Regeln war und die Sorge aufkam, dass ich vielleicht etwas „falsch“ machen könnte. Nach vielen Sessions habe ich dann langsam gelernt, dass solche Aktionen bis zu einem gewissen Rahmen auch voll okay sind, denn der Spielspaß und die Unterhaltung aller am Tisch ist viel wertvoller als das richtige Einhalten von Regeln.

Während einer D&D Kampagne habe ich mal einen Encounter geplant, eine riesige Schlacht in einem zerstörten Dorf mit einem Drachen und seinen Reiter. Dazu kam noch eine kleine Armee aus Zombies verschiedener Stärke-Klasse. Nur der Encounter hat mich ca. 4 Stunden Planung gebraucht, bis alles geplant und plaziert war. Die Gruppe ist in der folgenden Session auf dieses Dorf gestoßen und war total bereit, sich zu fetzen. Zwei meiner Spieler waren wirklich schlaue Taktiker und haben eine Kombination ihrer Fähigkeiten gefunden, um ein Schloss auf diesen Drachen und seinen Reiter fallen zu lassen. War das genau so mit den Regeln möglich? Vermutlich nicht, aber das war auch völlig egal. Denn die pure Begeisterung dieser Gruppe in dem Moment ist etwas, was unbezahlbar ist. Dieser riesige Encounter war durch eine perfekte Zusammenarbeit innerhalb von einer In-Game Runde besiegt. Wenn ich ganz ehrlich sein darf, ich hab eine kleine Träne vergossen. Nicht, weil meine ganze Arbeit einfach umsonst war, sondern weil ich so dermaßen stolz auf die Gruppe war in diesem Moment. Wenn sich eine coole Gelegenheit für etwas bietet, sollte man es den in der Regel Spielern auch erlauben.

Lektion 3: Man muss sich nicht alles gefallen lassen

Während meiner Zeit als Spieler und später als GM habe ich mit einer großen Vielzahl von Leuten dieses Hobby geteilt und viele wirklich schöne Runden verbracht. Dabei waren die meisten Leute wirklich tolle Menschen, deren Anwesenheit positiv zum Geschehen beigetragen hat. Wie bei jeder Gruppe von Menschen gibt es allerdings auch bei TTRPGs die schwarzen Schafe. Am Anfang habe ich ein zwei Spielern viel zu viele Chancen gegeben und war dann von deren Fehlverhalten überfordert.

Mir fällt ein besonderer Spieler bei dieser Lektion ein. Sein Charakter hieß „Hamaku“ und war ein ziemlich unseriöser Charakter in einer Kampagne, die von allen anderen als relativ ernst angesehen wurde. Mehrfach hat Hamaku negativ auf sich aufmerksam gemacht, sei es nun wegen absolut unangenehmen Verhalten ingame oder dem ständigen Erstellen von neuen Charakteren, die aber nie benutzt werden würden. Wenn Combat mal kreativ gelöst wurde, war der Spieler am Schmollen und beleidigt, weil er die trockene Schlagabfolge von Angriffen und Gegenangriffen sehr viel mehr genossen hat als kreative, schnelle Lösungen. Nachdem die Spieler eine „Arschloch-Liste“ für seinen Charakter angelegt haben, hab ich dann nach 2 klärenden Gesprächen und fehlender Änderung im Verhalten die Reißleine gezogen.

Je länger ich mit einer Gruppe leite, desto mehr fallen solche Fehlverhalten auf. Bei meiner letzten IRL-Kampagne hab ich nach 2 Gesprächen auch die Reißleine für einen Spieler gezogen und ihn vom Tisch verbannt, da er sich bei allen NPCs absolut schrecklich gegenüber verhalten hat und es irgendwann schon wie persönliche Angriffe gegen mich rüberkam. Sowas sorgt für schlechte Stimmung am Tisch und als GM ist man verantwortlich dafür, dass die Spieler eine gute Zeit haben.

Lektion 4: Hauptsache, es macht Spaß

Abschließend möchte ich hier die für mich wichtigste Lektion aufführen. Ich habe mittlerweile Unmengen an chaotischen, schlecht durchdachten und manchmal auch zu Story fokussierten Kampagnen und One-Shots geleitet. Nicht alles davon war gut, für einiges schäme ich mich sogar manchmal ein bisschen. Aber eine Sache war mir ganz schnell besonders wichtig:

Solange die Spieler und im besten Fall auch ich Spaß haben, ist alles andere egal

Als GM hat man eine riesige Aufgabe vor sich, man übernimmt die Planung einer ganzen Welt und einer Handlung, doch die Suche nach dem Spaß liegt nicht alleine auf den eigenen Schultern. Jeder Teilnehmer ist gleichermaßen dafür verantwortlich, dass die Gruppe eine gute Zeit hat. Manchmal muss man sich etwas zurücklehnen und durchatmen, denn nicht alles liegt in der eigenen Verantwortung. Der Job des GMs wird von vielen gerne als „zu viel Verantwortung“ oder als „gruselig“ angesehen, weil es eine andere Art von Vorbereitung für die Runden ist. Diese Verantwortung ist aber gar nicht so schlimm und ich würde es jeden ans Herz legen, mal eine Runde zu leiten. Vielleicht macht es euch ja mehr Spaß als gedacht und ist gar nicht so gruselig, wie ihr es euch vorstellt.

Was habt ihr so gelernt?

Spieler oder GM, ganz egal. Was habt ihr so gelernt? Welche Lektionen habt ihr über die Jahre verstanden? Ich wäre wirklich gespannt darauf, was man als Spieler so lernt.

Quelle
Symbolbild P&PSymbolbild Drachenkampf

Yosunai

Spontaner Mitschreiber bei Nerdjunk. Hat wirklich keine Ahnung vom Blog-Schreiben, möchte es aber gerne mal ausprobieren. Liebt Indie-Spiele und Manga. Hat momentan zu viel Zeit und ist immer bereit, mal etwas Neues auszuprobieren. Hauptsache, es macht Spaß.

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