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Roadside Picnic – Der Ausflug in die Zone

In meiner Zeit als Buchhändler habe ich wirklich einige Bücher gelesen. Von Manga zu Sachbüchern zu Krimis und Belletristik war immer alles dabei. Die meisten Bücher haben mich allerdings gar nicht so sehr gefesselt. Sie waren eher Unterhaltung für nebenbei. Nur selten hat mich ein Buch so richtig gefesselt, weil es meine verkorksten Interessen so perfekt getroffen hat. Jetzt war ich eine lange Zeit krank geschrieben und habe nicht mehr als Buchhändler gearbeitet. Viel gelesen habe ich in dieser Zeit nicht und war richtig in einer Lese-Flaute gefangen. Roadside Picnic von den Brüdern Arkady und Boris Strugazki hat mich völlig aus dem Nichts erwischt und so stark in seinen Bann gezogen, dass ich es innerhalb von 3 Tagen durchgelesen habe. Das ist für viele wahrscheinlich gar kein großes Werk, aber für einen langsamen Leser wie mich war das eine ziemliche Aufgabe. Ich möchte mal ganz vorne Anfangen, wieso ich überhaupt auf das Buch aufmerksam geworden bin.

Videospiel mit Buchvorlage

Während der State of Play von Sony im Jahr 2022 kam ein kleiner Trailer zu einem Spiel namens „Pacific Drive“ raus. Damals hat mich der Trailer schon ein wenig fasziniert, aber ich konnte mir noch nicht vorstellen es selbst zu spielen. Ich war gar nicht mal so sehr am Gameplay interessiert, doch die Atmosphäre und das Setting vom Spiel faszinierten mich. Ein Roadtrip durch eine mit Anomalien infizierte Zone klang nach einem sehr spannenden Konzept. Damals schon hab ich in einem Chat den Titel „Roadside Picnic“ gelesen und hab es einfach mal im Kopf abgespeichert, eine kleine Berufskrankheit.

Jetzt ist Pacific Drive vor ein paar Tagen erschienen und hat kleine Wellen geschlagen. Ein Survival-Spiel, welches den Fokus auf ein kaputtes, magisches Auto zur Fortbewegung setzt und einige super interessante Anomalien in seinen verschiedenen Leveln bietet. Mein Lieblings-Reviewer „SkillUp“ hat auch eine Rezension rausgebracht und hat dabei wieder den Namen „Roadside Picnic“ fallen lassen, mit einer klaren Lese-Empfehlung bevor man das Spiel spielt um die Erfahrung nochmal in einem anderen Licht zu sehen. Diese Erwähnung sah ich als Zeichen, es einfach mal auszuprobieren. Dass das Spiel großartig aussah, hat dabei natürlich auch geholfen. Also fasste ich mir schnell einen Entschluss:

Bevor ich mich in Pacific Drive stürze, lese ich endlich mal wieder etwas.

Das ganze fing dann eigentlich noch recht zwanglos an. Ich wollte endlich mal wieder etwas lesen und nicht als Hörbuch hören und schauen, ob ich es sogar durch ein ganzes Buch schaffe. Früher hab ich viele Bücher abgebrochen oder nur reingelesen und das hat mich auf Dauer sehr genervt. Damit begann dann auch meine literarische Reise nach Kanada.

Was Alien-Müll aus Menschen macht

Willkommen in Harmont, Kanada. Über 2 Tage haben Außerirdische diesen Ort besucht und sind dann einfach verschwunden. Gleichzeitig wurden 5 andere Zonen auf der Erde besucht. Eine Willkommens-Nachricht für die Menschheit? Oder vielleicht eine Warnung? Absolute Fehlanzeige. Die Menschheit hat keine Ahnung, was hinter diesem Besuch steckt. Trotzdem beinhalten diese Zonen nach dem Besuch nun ein paar Besonderheiten: Eine Riesen-Menge Unglück für alle, die sich dort hineinwagen, tödliche Sülze, Risse im Boden, Gravitationsfelder die alles zerquetschen und ganz besonders: Müll!

Unser erster Protagonist Redrick „Rotfuchs“ Schuchart ist ein Stalker. Einer der mutigen (oder suizidalen) Menschen, die sich nachts illegal in die Zone begeben um für den eigenen Profit ordentlich Alien-Müll zu bergen. Bereits auf den ersten Seiten merkt man, dass alle Menschen um die Zone herum sehr abgestumpft sind. Harte Kerle, die dort ihr Leben riskieren um ordentlich Geld zu verdienen. Die Bezirke um Harmont herum sind heruntergekommen, es werden Leute angeworben um sich endlich von der Zone zu entfernen und umzusiedeln und nur noch die härtesten und verzweifeltesten Kerle bleiben vor Ort.

Rotfuchs selbst ist eigentlich nur aufs Geld aus. Die Zone an sich nervt ihn eher, aber sie ist sein Mittel zum Zweck. Immerhin hat er eine Verlobte und ein Kind, welches nur als „Äffchen“ bezeichnet wird. Die 3 wohnen in einer heruntergekommenen Wohnung in einem abgewrackten Mehrfamilienhaus und träumen zusammen von einem gemeinsamen Haus. Sein Freund Kirill ist genau das Gegenteil von Rotfuchs. Gar nicht am Geld interessiert, dafür umso mehr an der Zone, an den Artefakten die dort verteilt liegen und die Magie dieses Ortes.

Die Zone – Wunderschöne Tödlichkeit

Jetzt hab ich schon viel drum herum geschrieben, über die Charaktere und ihre Motivationen. Doch dieses Buch hat noch etwas viel wichtigeres, quasi einen dritten Hauptcharakter. Diese mysteriöse Zone, in welcher die Aliens ihren Müll abgeliefert haben. Doch was ist das eigentlich genau? Was ist da jetzt eigentlich passiert?

Das ist gar nicht so einfach zu erklären. Und das möchte ich auch gar nicht. Denn diese Zone funktioniert so perfekt, weil die Menschen und damit auch die Leser so gar nichts über sie wissen. Insgesamt begeben sich die Charaktere nur ein paar Mal im Buch in die Zone. Jedes Mal ist unser Rotfuchs derjenige, der sich am meisten darauf vorbereitet. Auch die Sicht von einem blutigen Neuling bekommen wir mit. Dieser Zone wird ihr nötiger Respekt mit jedem Besuch gezollt.

Die Zone ist umringt von kleinen Bereichen mit stark erhöter Gravitation, sogenannte „Fliegenklatschen“. Gelernte Stalker können mit Muttern diese Bereiche abgrenzen und sich an ihnen vorbei schleichen. Zudem sind in vielen Gebäuden und Bereichen eine bläulich leuchtende Sülze, „Hexensülze“ genannt. Wenn man hineintritt, verschwinden gerne mal die Knochen aus dem Körper. Trotzdem bietet die Zone auch ihre Schönheit. Lichter bilden sich durch die Hexensülze, es gibt wunderschöne Schimmer und manchmal kann man sich diese Ruinen auch einfach mit einer angenehmen Ruhe vorstellen.

Es gibt noch ein paar weitere Anomalien in dieser Zone, besonders zum Ende hin werden sie nochmal deutlich wilder. Doch das sollt ihr selbst erleben, denn die Erzählung über diese Erlebnisse von Rotfuchs und seinen Begleitern ist einfach magisch.

Mein Fazit – Traut euch ruhig mal in die Zone

Ich könnte hier noch so viel mehr schreiben. Von den Theorien der Wissenschaftler, was die Aliens auf der Erde wollten. Oder dem Ring aus Schmugglern, der innerhalb des Buches eine starke Veränderung durch macht. Dieses Buch hat so viele kleine Plot-Punkte, dass dieser Beitrag viel zu lang werden würde. Sie fühlt sich real an, denn sie stoppt für niemanden. Egal wie die Charaktere sich verhalten, die Zeit vergeht weiter.

Roadside Picnic ist eine relativ simple Geschichte mit einer einzigartigen Stimmung. Es lebt vom Worldbuilding, welches einfach so nebenbei passiert und mich immer wieder wundern lässt, was noch so in dieser Welt passiert. Immerhin gibt es neben Harmont noch 5 weitere Zonen. Es ist ein Werk, welches mich begleitet. Etwas, dass mich zum Nachdenken anregt und meine Fantasie aufblühen lässt. Wenn ihr euch auch mal wieder so richtig schön inspirieren lassen wollt, gebt diesem alten Buch doch einfach mal eine Chance. Vielleicht kann euch die Zone ja genauso verzaubern wie mich.

Yosunai

Spontaner Mitschreiber bei Nerdjunk. Hat wirklich keine Ahnung vom Blog-Schreiben, möchte es aber gerne mal ausprobieren. Liebt Indie-Spiele und Manga. Hat momentan zu viel Zeit und ist immer bereit, mal etwas Neues auszuprobieren. Hauptsache, es macht Spaß.

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